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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 10.05.2013


Unterzeichnen: Online-Petition gegen geplante Kürzungen bei der Lesbenberatung
AVIVA-Redaktion

Je 15.000 Euro will der Senat in diesem Jahr der Lesbenberatung und dem Familienplanungszentrum "BALANCE" streichen. Die beiden betroffenen Einrichtungen sind empört und fordern eine Rücknahme...




... der Einsparung.

Nach Informationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands und der Lesbenberatung hat das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, eine neue psychologische Beratungsstelle für wohnungslose Frauen in Berlin einzurichten. Anstatt dafür allerdings neue Gelder bereitzustellen, sollen die Mittel der Lesbenberatung und des Familienplanungszentrums "BALANCE", beide Mitglieder des Wohlfahrtsverbands, noch in diesem Jahr um jeweils 15.000 Euro gekürzt werden, meldet die Lesbenberatung selbst. In einer Pressemitteilung zeigt sich die Beratungsstelle empört: "Wir begrüßen das neue Projekt, die Streichungen nehmen wir jedoch auf keinen Fall hin. 15.000 Euro sind eine nicht zu akzeptierende Summe für lesbische und bisexuelle Frauen und Trans*Menschen in dieser Stadt. (Sie) bedeuten für die Lesbenberatung 17 Prozent der Zuwendungsgelder des noch verbleibenden zweiten Halbjahres. Damit hat das Land Berlin 28.000 Euro seit 2005 in der Lesbenberatung gekürzt – das ist ein politischer Skandal für die Gesundheitspolitik dieser, sich "als weltoffen und interkulturell" bezeichnenden, Stadt.

Für alle Lebensthemen und Krisensituationen"
, führt die Lesbenberatung weiter aus, "sind wir eine erste Anlaufstelle für lesbische, bisexuelle Frauen, Mädchen und Trans* mit unterschiedlichen (Mehrfach-) Identitäten. Unsere Fokusthemen sind Rassismus, Trans*diskriminierung und Homophobie. Die Angebote der Lesbenberatung stärken lesbische und bisexuelle Frauen und Trans*Menschen und fangen LBT* auf, die anderenorts durch Diskriminierung und Pathologisierung stark verunsichert und verletzt wurden.

Im September 2012 wurden die Ergebnisse der größten, in Deutschland bisher durchgeführten Studie zu "Gewalt und Mehrfach-Diskriminierung von lesbischen und bisexuellen Frauen und Trans*", erstmalig bekannt gegeben. Diese Studie wurde von der Lesbenberatung/LesMigraS durchgeführt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass Lesbenberatungsstellen als einzige öffentliche Institutionen, für ihre gute Unterstützung bei Gewalt und Diskriminierung wahrgenommen werden. Die Angebote sind jedoch bei Weitem nicht ausreichend und unsere Befragten forderten nachdrücklich, den weiteren Ausbau von bestehenden Angeboten."


LesMigraS (Lesbische und bisexuelle Migrant_innen, Schwarze Lesben und Trans*Menschen) wurde 1998 gegründet und ist der Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung Berlin. Der Verein richtet sich besonders an von Mehrfach-Diskriminierung betroffene Menschen und setzt sich für deren Selbstermächtigung und Vernetzung ein.

"Zudem braucht unser Bereich für Mädchen, trans- und intergeschlechtliche Jugendliche und junge Erwachsene von 14–23 Jahren (Young and Queer) seit langer Zeit mehr finanzielle Unterstützung, um die vielfältige Arbeit machen zu können, die junge queere Jugendliche dieser Stadt brauchen. Queere Jugendliche sind in Schule und Elternhaus immer noch massiv von Diskriminierung betroffen. (...) Die Kürzungen werden auch für diesen Teilbereich der Lesbenberatung verheerende Folgen haben."

Der Paritätische Wohlfahrtsverband weist zudem auf seiner Website darauf hin, dass "sowohl die Lesbenberatung als auch das Familienplanungszentrum (...) unter anderem Frauen in Krisensituationen (unterstützen), um sie vor Obdachlosigkeit zu bewahren. Wenn nötig vermitteln sie in Einzelfällen Plätze in Krisenwohnungen", und fragt provokant: "Will man durch die Streichungen Klientinnen für die neue Beratungsstelle schaffen?"

Die Lesbenberatung konkretisiert: "So muss eine lesbische wohnungslose Frau womöglich auf ihr wöchentliches Gruppenangebot in der Lesbenberatung verzichten, das dazu beiträgt, soziale Isolation zu überwinden, die durch die Folgen von Diskriminierung und Gewalt hervorgerufen wurde."

Die Kürzungen betreffen Mittel bei Projekten des Integrierten Gesundheitsprogramms (IGP), das unter dem Prinzip einer "partnerschaftlichen Zusammenarbeit" zwischen der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband jährlich rund 11,5 Millionen Euro für Präventions- und Versorgungsprojekte zur Verfügung stellt. Handlungsfelder sind dabei chronische Erkrankungen, sexuell übertragbare Krankheiten und Drogen und Sucht. Den partnerschaftlichen Charakter der Zusammenarbeit sieht der Wohlfahrtsverband jetzt in Frage gestellt, denn "die Kürzungen kommen aus heiterem Himmel, mitten im laufenden Jahr, ohne Vorabinformation und ohne fachliche Begründung."

Die Förderung des IGP ist im Rahmenfördervertrag verankert, der 2010 zwischen dem Land Berlin und verschiedenen Wohlfahrtsorganisationen geschlossen wurde. Auch diesen sieht der Paritätische Wohlfahrtsverband verletzt: "Von Senatsseite wird stets die Mitverantwortung der Verbände eingefordert. Ein Kooperationsgremium soll einvernehmlich Entscheidungen zur Vergabe der Mittel treffen, bei Dissens sollte ein Einspruch aufschiebende Wirkung haben und vieles mehr."

Obwohl Lesbenberatung und Familienplanungszentrum "BALANCE" die besondere Betreuung wohnungsloser Frauen mit psychischen Problemen grundsätzlich begrüßen, fordern sie den Senat auf, die Streichungen zurückzunehmen. "Die betroffenen Organisationen werden Rechtsmittel einlegen gegen diese gutsherrliche Entscheidung. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin unterstützt seine beiden Mitglieder in diesem Konflikt finanziell und politisch."

Wer sich der Forderung anschließen will, kann die Online-Petition der Lesbenberatung unterschreiben: www.openpetition.de

Weitere Informationen:

Pressemitteilung der Lesbenberatung (03.05.2013)

Pressemitteilung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin (03.05.2013)

Zu den Websites der Lesbenberatung, des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin und des Familienplanungszentrums "BALANCE"

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(Quelle: Lesbenberatung und Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin, Mai 2013)


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Beitrag vom 10.05.2013

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